Ernährung der Gänsegeier
Die Ernährung der Gänsegeier ist den meisten Menschen zumindest vom
Hörensagen bekannt: Aas bildet die Nahrung dieser Vögel. In
TV-Dokumentationen haben es viele schon einmal gesehen und dabei
festgestellt, dass es unappetitlich ist, wenn Geier einen Kadaver öffnen
und die Fleischbrocken verschlingen. Oft streiten sich die Vögel dabei
mit ihren ebenfalls am Futterplatz anwesenden Artgenossen oder mit
anderen, ebenfalls Aas fressenden Tieren wie Rabenvögeln. All das wirkt
ruppig, doch in der Natur erfüllen Geier eine wichtige Aufgabe als
"Gesundheitspolizei", weil sie tote Tiere auf natürliche Weise
entsorgen. So können die verwesenden Kadaver nicht für die Ausbreitung
von Krankheiten unter Tieren sorgen.
Mir hat sich im damals noch existierenden
Umweltzentrum auf Cres die für mich bislang einzigartige Gelegenheit geboten,
aus äußerst geringer Entfernung dabei zuzuschauen, wie Gänsegeier ein
totes Lamm fressen. Einerseits ist es faszinierend gewesen, der Fütterung der in
der Krankenvoliere gepflegten Geier beizuwohnen. Auf der anderen Seite
habe ich es jedoch als gleichermaßen abstoßend empfunden, da über der
Gegend ein ekelerregender Geruch vom toten Lamm gelegen hat. Für
Menschen mit empfindlicher Nase ist es also nicht unbedingt ein
Vergnügen, Geiern aus unmittelbarer Nähe beim Fressen zuzusehen.
Achtung!
Die Bilder weiter unten zeigen das, was ich am Ostersonntag 2001 in Beli
beobachtet habe. Zartbesaitete Menschen könnten das Bildmaterial als
grausam empfinden oder der Anblick fressender Geier für abschreckend
halten. Klicken Sie dann am besten
hier und lesen Sie andere
Seiten meines Cres-Reiseberichts.
Die Gänsegeier und das tote Lamm
Anfangs
haben die Geier an den Flanken des toten Lamms Löcher ins Fell und in
die Haut gerissen. Dabei sind sie ziemlich ruppig vorgegangen, da sie
mit dem Schnabel erst einmal eine Angriffsfläche finden mussten. Ihre
muskulösen Hälse haben ihnen dabei geholfen, Löcher in die Haut des
Kadavers zu zerren. Das Foto rechts zeigt den weiblichen Gänsegeier
Nadiza beim mühsamen Öffnen des toten Lamms. Bitte beachten Sie den noch
vollständig sauberen Kopf des Geiers und vergleichen Sie ihn mit Bildern
weiter unten. Foto: April 2001
Während
Nadiza sich weiterhin am Fettgewebe an den Flanken des Lamms gütlich
getan hat, hat sich ihr männlicher Artgenosse Bonk bereits den Kopf des
toten Lamms vorgenommen. Dabei hatte es Bonk vor allem auf die Augen
abgesehen, die er mit seinem wuchtigen Schnabel mit der Präzision eines
Chirurgen herausgelöst hat. Für Gänsegeier sind die Augen vor allem
deshalb begehrte Nahrung, weil sie leicht aus dem Kadaver gelöst werden
können. Denn dass das Öffnen des toten Tiers viel Zeit braucht, haben
Nadizas Bemühungen deutlich gemacht. Foto: April 2001
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Einige Minuten später hatten die Vögel bereits viel Muskel- und
Fettgewebe aufgefressen. Der Unterkiefer und weite Teile des Kopfes des
toten Lamms sind schnell vom Fleisch befreit gewesen. Das Foto rechts
zeigt vorn den Geier Bonk, hinten ist seine Artgenossin Nadiza zu sehen.
Foto: April 2001
Das weiche Muskelfleisch ist am schnellsten verzehrt gewesen. Daraufhin
ist es für die Geier zusehends schwieriger geworden, an die begehrte
Nahrung im Innern des Körpers zu gelangen. Sie haben deshalb immer
gereizter auf die Annäherung eines Artgenossen an die Futterquelle
reagiert. Geierweibchen Nadiza hat energisch und wenig damenhaft ihre
Artgenossen verjagt, siehe Foto rechts, wobei sie sich so schnell bewegt
hat, dass das recht kurz belichtete Foto eine gehörige
Bewegungsunschärfe aufweist. Ständig war ein heiseres Fauchen eines der
Vögel zu hören, wenn er seine Artgenossen mit dieser akustischen Warnung
vom Kadaver vertreiben wollte. Foto: April 2001
Beim Fressen der Innereien haben die Geier ihre Köpfe und die langen
Hälse in den Kadaver gesteckt und ihn von innen ausgehöhlt. Das Foto
rechts zeigt den Geier Bonk beim Fressen von Innereien. Um die Leber des
Lamms ist ein heftiger Streit unter den vier Gänsegeiern entbrannt, den
die dominante Nadiza für sich entscheiden konnte. Die Galle ist hingegen
von sämtlichen Vögeln anfangs verschmäht worden. Erst ganz zum Schluss
haben sie sie gefressen, als praktisch nichts anderes mehr vom Kadaver
übrig gewesen ist. Foto: April 2001
Nach turbulenten 30 Minuten ist alles vorüber gewesen. Vom Lamm haben
die Gänsegeier außer Fell und Knochen nahezu nichts mehr übrig gelassen.
Die Vögel sind nach dem Fressen nervös in der Voliere umher gelaufen.
Dabei haben sie den Boden nach Fleischbrocken abgesucht, die sie zuvor
beim Zerteilen des Kadavers verloren hatten. Vor allem im Stirnbereich
ist das Gefieder der Geier nach dem Fressen nicht mehr weiß, sondern von
den Körperflüssigkeiten des toten Lamms verschmutzt gewesen. Foto: April 2001
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